Der einheitliche Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrech

Wenn man ein inländisches Grundstück erwirbt, muss man Grunderwerbsteuer bezahlen. Welche Erwerbsvorgänge im Einzelnen dem Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) unterfallen ergibt sich aus § 1 GrEStG.

Was das Grunderwerbsteuergesetz unter einem Grundstück versteht ergibt sich aus § 2 des GrEStG. Zunächst versteht es darunter das Grundstück im Sinne des bürgerlichen Rechts.

Was ist ein Grundstück im Sinne des BGB

  1. Ein Teil der Erdoberfläche, der nach allen Seiten hin abgegrenzt ist und

  2. der im Grundbuch unter einer Nummer in einem besonderen Grundbuchblatt, dem Realfolium, § 3 Abs. 1 GBO, oder, wenn derselbe Eigentümer mehrere Grundstücke hat, dem Personalfolium, § 4 Abs. 1 GBO eingetragen ist.

Was ist ein Flurstück?

Das Flurstück ist ein Grundstück im vermessungstechnischen Sinn. Dieses Grundstück wird auch Parzelle oder Flurstück genannt. Es ist die kleinste Unterteilung der Erdoberfläche und wird von einer in sich geschlossenen Linie umgrenzt. Es ist in der Flurkarte unter einer besonderen Nummer, Flurstücksnummer, verzeichnet. Das Grundbuch übernimmt diese tatsächlichen Angaben aus der Flurkarte.

Was ist das Liegenschaftskataster?

Das Liegenschaftskataster ist ein in den Bundesländern eingerichtetes, amtliches Verzeichnis, § 2 Abs. 1 GBO. Es wird von den Vermessungsbehörden der Länder geführt und besteht aus dem Kartenwerk und den Katasterbüchern. In das Kartenwerk und die Katasterbücher werden die Flurstücksnummern eingetragen.

Was ist dem Grundstück nach dem Grunderwerbsteuergesetz gleichgestellt?

Dem Grundstück gleichgestellt sind das Erbbaurecht, die Gebäude auf fremden Boden und dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte im Sinne des § 15 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) und des § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Wonach bemisst sich die Grunderwerbsteuer?

Die Steuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung, § 8 Abs. 1 GrEStG. Der Wert der Gegenleistung wird auch als „Bemessungsgrundlage“ bezeichnet.

Die Steuer wird gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 GrEStG nach den Grundbesitzwerten im Sinne des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 157 Abs. 1-3 des Bewertungsgesetzes (BewG) bemessen,

  1. wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist;

  2. bei Umwandlungen aufgrund eines Bundes- oder Landesgesetzes, bei Einbringung sowie bei anderen Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertragliche Grundlage;

§ 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG enthält dann die Regelung, die die Problematik schafft, die in der Überschrift angesprochen wurde. Dieser Satz 2 lautet wie folgt:

Erstreckt sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude oder beruht die Änderung des Gesellschafterbestandes im Sinne des § 1 Absatz 2a auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks, ist der Wert des Grundstücks abweichend von § 157 Abs. 1 Satz 1 des BewG nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend.

Was dann der einheitliche Erwerbsgegenstand im Sinne des Grunderwerbsteuerrechtes ist, ist die große Frage.

Zunächst lässt sich diese Frage recht einfach beantworten. Ob ein Grundstück im bebauten oder im unbebauten Zustand veräußert wird, richtet sich zunächst danach, was die Parteien miteinander vereinbart haben.

Ist das Grundstück zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht bebaut, haben die Parteien aber vereinbart, dass es mit einem noch zu errichtenden Gebäude veräußert wird, so ist die Bemessungsgrundlage die Gegenleistung für Grundstück und Gebäude.

Die Frage, welche Bemessungsgrundlage letztendlich heranzuziehen ist, stellt sich insbesondere dann, wenn es getrennte Verträge, einmal zum Grundstückserwerb und einmal zu Errichtung des Gebäudes, gibt.

Relativ einfach lässt sich diese Frage beantworten, wenn diese getrennten Verträge zivilrechtlichen in irgendeiner Form verknüpft sind. In diesem Fall ist Bemessungsgrundlage die Gegenleistung für Grundstück und Gebäude.

Fälle der Verknüpfung liegen beispielsweise vor, wenn

  • der Vertragsgegenstand in beiden Verträgen bezeichnet wird,

  • die Vereinbarungen zwischen den Parteien in einem Vertrag zusammengefasst sind oder

  • ein einheitlicher Preis vereinbart wurde.

Schwierig wird es, wenn diese Verträge nach den sogenannten „grunderwerbsteuerlichen Grundsätzen“ als Einheit zu behandeln sind.

In diesen Fällen ist von einem einheitlichen Vertrag im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes auszugehen, wenn die Gültigkeit der Verträge voneinander abhängig ist oder wenn die Verträge nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander stehen und fallen.

Beispiele für eine Vertragsverknüpfung sind

  • der Baubeginn vor dem Vertragsabschluss,

  • das Fehlen einer Vereinbarung aller Erwerber über die gemeinsame Baufertigstellung oder

  • die Veräußerung nur an Erwerber, die vorher eine Treuhandvollmacht zum Abschluss der übrigen Verträge erteilt haben.

Folgende Beispiele stehen einer Vertragsverknüpfung nicht entgegen:

  • Die Vereinbarungen der Parteien wurden in unterschiedlichen Verträgen getroffen.

  • Veräußerer und Bauverpflichtete sind nicht personenidentisch.

Zu der Frage, wann eine Vertragsverknüpfung vorliegt hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 27.10.1999, Az. II R 17/99, BStBl II 2000, 34 wie folgt geäußert:

Ob als Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, kann sich (auch) aus den mit dem tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv engem sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder Umständen ergeben, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass der Erwerber das Grundstück im bebauten Zustand erhält. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles zu ermitteln und kann auch aus dem Zusammenwirken mehrerer Personen auf der Veräußererseite folgen, wenn die Umstände des Zusammenwirkens ergeben, dass der Erwerber ein bebautes Grundstück erhält. Ist dies der Fall, so gehören alle Aufwendungen des Grundstückserwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, die von ihm für die Verschaffung des bebauten Grundstücks gewährt werden.

Daraus wird ersichtlich, wie schwierig es im Einzelfall ist, diese Frage zu beantworten.

Sie sollten sich deshalb vor Abschluss von Verträgen dieser Art unbedingt beraten lassen.

Was passiert, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Vertragsverknüpfung vorliegt?

In einem solchen Fall liegt eine neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) vor. Das Finanzamt kann in diesem Fall auch eine bestandskräftige Steuerfestsetzung ändern. Auf eine Verletzung der Ermittlungspflicht des Finanzamtes kann sich der Steuerpflichtige dabei nicht berufen. Er hat nämlich seine Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt, wenn er eine Tatsache nicht mitteilt, die die Gegenleistung erhöht. Ob der Steuerpflichtige weiß, dass ein solcher Vertrag grunderwerbsteuerlich relevant ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Rechenbeispiel mit dem seit dem 1. Januar 2017 in Thüringen gültigen Grunderwerbsteuersatz von 6,5 %:

Grundstückspreis Steuersatz Steuer

100.000,00 € 6,5 % 6.500,00 €

Grundstückspreis Steuersatz Steuer

mit Haus

400.000,00 € 6,5 % 26.000,00 €


Grunderwerbsteuersätze 2017, Stand Januar 2017

Bundesland

Steuersatz

Steuersatz

Bundesland

Baden-Württemberg

5,0 %

3,5 %

Bayern

Bayern

3,5 %

3,5 %

Sachsen

Berlin

6,0 %

4,5 %

Hamburg

Brandenburg

6,5 %

5,0 %

Baden-Württemberg

Bremen

5,0 %

5,0 %

Bremen

Hamburg

4,5 %

5,0 %

Mecklenburg-Vorpommern

Hessen

6,0 %

5,0 %

Niedersachsen

Mecklenburg-Vorpommern

5,0 %

5,0 %

Rheinland-Pfalz

Niedersachsen

5,0 %

5,0 %

Sachsen-Anhalt

Nordrhein-Westfalen

6,5 %

6,0 %

Berlin

Rheinland-Pfalz

5,0 %

6,0 %

Hessen

Saarland

6,5 %

6,5 %

Brandenburg

Sachsen

3,5 %

6,5 %

Nordrhein-Westfalen

Sachsen-Anhalt

5,0 %

6,5 %

Saarland

Schleswig-Holstein

6,5 %

6,5 %

Schleswig-Holstein

Thüringen

6,5 %

6,5 %

Thüringen

  • Peter Suffel

    Rechtsanwalt

    Telefon  (03641) 5349835

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