Verlängerung der Bindefrist - neuer Preis?

Die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches über Verträge, §§ 145 ff BGB, gelten auch bei einer öffentlichen Ausschreibung.

Ein Angebot kann nur in der Zeit angenommen werden, innerhalb der unter regelmäßigen Umständen mit einer Antwort zu rechnen ist. Daneben gibt es die Möglichkeit, eine Frist zu bestimmen, für deren Dauer der Anbieter an sein Angebot gebunden ist, § 148 BGB.

Bei öffentlichen Ausschreibung wird eine solche Bestimmung verlangt.

Mit der Erklärung des Bieters, einer Verlängerung der Bindefrist zuzustimmen, wird die Frist, in der ein Angebot angenommen werden kann, durch eine einseitige Willenserklärung verlängert.

Wird jetzt das Angebot durch Erteilung des Zuschlags angenommen, kommt der Vertrag zu den Bedingungen des Angebotes - also auch zu den Preisen des Angebotes zu Stande. Werden die Bedingungen des Vertrages dagegen im Rahmen der Annahmeerklärung - und sei es auch nur geringfügig - geändert, ist dies als Ablehnung des bisherigen Angebotes, verbunden mit einem neuen Angebot zu veränderten Bedingungen zu verstehen. Der Vertrag kommt erst zu Stande, wenn der Bieter sich mit den geänderten Bedingungen einverstanden erklärt.

Bei öffentlichen Aufträgen führt eine Verlängerung der Bindefrist in der Regel dazu, dass auch der Zuschlag erst zu einem späteren Zeitpunkt erteilt wird. Hier ergeben sich oft Auswirkungen auf die Bauzeit.

Verschieben sich Baubeginn und Fertigstellung durch die spätere Zuschlagserteilung nach hinten, liegt darin regelmäßig eine Abänderung des ursprünglichen Angebotes. Dies hat zur Folge, dass der Bauvertrag nicht mit der Zuschlagserteilung zu Stande kommt, sondern erst mit der Bestätigung des hinsichtlich der Bauzeit geänderten Angebotes durch den bisherigen Bieter.

Diese Bestätigung kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen, insbesondere wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Bauarbeiten beginnt

In der Entscheidung des BGH vom 24.02.2005 (IBR 2005, 299) hatte der Bieter einen geänderten Bauzeitenplan akzeptiert, ohne gleichzeitig einen neuen Preis zu vereinbaren. In diesem Fall ging der Bundesgerichtshof davon aus, dass der Bauvertrag mit der Bestätigung des geänderten Bauzeitenplanes zu - im übrigen - unveränderten Bedingungen zu Stande gekommen ist.

Daraus hat das Oberlandesgericht Hamm im Urteil vom 05.12.2006 (IBR 2007, 179) folgende Möglichkeiten für den Unternehmer abgeleitet:

Bei der vermeintlichen Erteilung des Zuschlages handelt es sich tatsächlich um ein neues, geändertes Angebot mit dem Inhalt, dass sich die Bauzeit ändert, die übrigen Bedingungen des Vertrages insbesondere Preis und Leistung jedoch gleich bleiben.

  • Nimmt der Unternehmer dieses geänderte Angebot an, ändert sich lediglich die Bauzeit, im übrigen bleibt es bei den Konditionen seines ursprünglichen Angebotes.
  • Lehnt der Unternehmer das geänderte Angebot ab, kommt kein Vertrag zu Stande.
  • Schließlich kann er das geänderte Angebot hinsichtlich der Vergütung modifizieren.

Beruht die Modifikation auf den Kalkulationsgrundlagen, die dem ursprünglichen Angebot zu Grunde lagen, und berücksichtigt sie lediglich die Änderungen, die zwischen dem ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt der Zuschlagserteilung und dem tatsächlichen Zuschlag eingetreten sind, ist Auftraggeber verpflichtet, dass modifizierte Angebot anzunehmen. Dies ergibt sich aus dem vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses der Parteien und der auch insoweit geltenden Kooperationspflicht.

Eine Ablehnung kommt nur bei einem triftigen Grund des Auftraggebers in Betracht, z.B. wenn die Ausschreibung aufgehoben werden kann. Das ist insbesondere dann der Fall wenn das Bauvorhaben wegen der preislichen Veränderung für ihn wirtschaftlich nicht mehr tragbar ist.

Bevor einer Verlängerung der Bindefrist zugestimmt wird, ist deshalb im ersten Schritt zu prüfen, ob sich die Verlängerung der Bindefrist auf den Inhalt des Vertrages, insbesondere auf die vertraglich vereinbarte Bauzeit auswirkt.

Ergeben sich keine Auswirkungen, besteht auch später keine Möglichkeit, die Vergütung zu modifizieren.

Wirkt sich die spätere Erteilung des Zuschlags auf den Inhalt des Vertrages aus, ist unverzüglich nach Zuschlagserteilung erklären, dass der Unternehmer nur im Falle einer Vertragsanpassung bereit ist, den angebotenen Bauvertrag anzunehmen.

Danach sind die Preisgrundlagen des Vertrages zu modifizieren. Unberücksichtigt bleiben Änderungen der Kalkulationsgrundlagen, die zwischen der Erstellung des Angebotes und dem ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt für die Erteilung des Zuschlages eingetreten sind. Diese Änderungen gehen zulasten des Bieters. Bei der ursprünglich vorgesehenen Zuschlagserteilung hätte der Bieter dieses Preisänderungsrisiko ebenfalls tragen müssen.

  • Claus Suffel

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