Urlaubsabgeltung - auch für Erben???!!!

Noch im Jahr 2013 bestätigte das Bundesarbeitsgericht in einem Revisionsverfahren, welches die Überprüfung einer Entscheidung des Thüringer Landesarbeitsgerichtes zum Gegenstand hatte, seine bis dato eindeutige Rechtsprechung. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses stirbt, erlischt der Urlaub, den der Arbeitnehmer bis zu seinem Tod nicht in Anspruch genommen hat. Ein sogenannter „Urlaubsabgeltungsanspruch“, als finanzieller Ausgleich für die Erben, besteht in diesem Fall nicht. Nach Meinung der obersten Arbeitsrichter sei der Tod und damit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ursächlich dafür, dass der Urlaubsanspruch nicht mehr erfüllt werden kann.

In einem ähnlich gelagerten Verfahren hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten, nach denen der Abgeltungsanspruch für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, gegen europäisches Recht verstoßen. Gemeint ist damit der Artikel 7 der Richtlinie 2003/88 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, welcher entsprechend auszulegen ist. Dies bedeutet nichts anderes, als dass sich der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers mit seinem Tod in einen Urlaubsabgeltungsanspruch umwandelt, der als solcher auf die Erben übergeht.

Dieser Rechtsprechung ist nunmehr mit dem Arbeitsgericht Berlin auch ein deutsches Gericht gefolgt. In dem entschiedenen Fall ging es um eine verstorbene Arbeitnehmerin, die zum Zeitpunkt ihres Todes noch einen Erholungsurlaubsanspruch von 33 Tagen hatte. Ihre Erben forderten nun die Abgeltung dieses Urlaubsanspruchs. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und in der Begründung der Entscheidung ausgeführt, dass nach § 7 Absatz 4 des Bundesurlaubsgesetzes der Urlaub abzugelten sei, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden könne. Diese Voraussetzungen seien bei dem Tod des Arbeitnehmers gegeben. Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass mit dem Tod die höchstpersönliche Leistungspflicht des Arbeitnehmers und damit auch ein abzugeltender Urlaubsanspruch erlischt, sei dagegen nicht zu folgen. Dies widerspreche Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und vor allem der entsprechenden Auslegung des Europäischen Gerichtshofes.

Das Urteil könnte Anlass zu einer Änderung der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung im Anschluss an eine europarechtskonforme Auslegung der Urlaubsabgeltungsvorschrift sein.

Wichtig: Der Urlaubsabgeltungsanspruch verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem er entstanden ist. Arbeits- und/oder tarifvertragliche Verfall- bzw. Ausschlussfristen können eine kürzere Frist zur Geltendmachung vorsehen.

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 07.10.2015, Az. 56 Ca 10968/15

  • Jens Groschopp

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